Auktionen im Jahr 2019
Auktionen im Jahr 2019
17.November 2019:
Eine wirklich aufregende Woche für Uhrensammler ging gestern (16. November 2019) vorüber.
Diese 3. Novemberwoche sollte auch gleichzeitig der Höhepunkt des Jahres darstellen und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.
Es begann mit der Genfer Auktion des Nachlasses von Erivan Haub. Kurz: ich lag falsch!
Im Mai hatte ich mich ja positiv geäußert, daß ein internationales, nicht-uhren-spezialisiertes Auktionshaus frischen Wind in den Markt bringen würde. Genau das Gegenteil war leider der Fall. Ein, an der Auktion direkt beteiligter Fachmann äußerte mir gegenüber, daß es in Genf wirklich nicht gut lief!
Die Auktionsgebühren seien 20% höher als in Deutschland gewesen, es gab aber kaum Werbung für die Auktion, alle logistischen Kosten wären extrem gewesen und dafür dann die Ergebnisse unbefriedigend!
Bis auf den Ausreißer einer Schuluhr, die mit maximum Limit von 10.000 CHF angegeben worden war und dann auf 200.000 CHF (plus Aufgeld) zugeschlagen wurde, blieb das meiste hinter den Erwartungen zurück.
Ganz grausig war es für hochwertige /-preisige Uhren. Von den 14 Uhren, mit einer Schätzung ab 30.000 CHF konnte nur eine einzige Uhr diese Schätzung auch erfüllen. Die anderen erbrachten bis zu 66% unter dem oberen Limit. Hier hätte man wirklich für 'kleines' Geld eine richtige, hochwertige Sammlung übernehmen können! Meine Kritik richtet sich aber auch an die Erben...diese Sammlung hätte nicht auf den Markt geworfen werden dürfen. Wenn sich zu Lebzeiten ein milliardenschwerer Sammler als Mäzen feiern läßt, hätte er bestimmte, wirklich wichtige Stücke an ein öffentlich zugängliches Museum übergeben sollen! Die Erben hätten immer noch genügend zum Verleben gehabt und Deutschland hätte profitiert. So hat das Uhren-Lebenswerk von Erivan Haub, auch gerade durch dieses Verramschen, keinen würdigen Abschluss gefunden!
Wie falsch ich mit meiner Auktionshaus-Wahl auch selber lag, kann man im direkten Vergleich an der Genfer Lot Nummer 25 erkennen (eine offene Second Morte im Kasten von 1906 mit der Nr 45294), die in Genf mit Aufgeld 16.577 Euro kostete. In Frankfurt erbrachte die Lot Nummer 560 (Nr 28624) ebenfalls offen und im Kasten, 34.720 Euro, wobei die Genfer Uhr noch die beliebtere Schwanenhals-Feinregulierung aufwies. Diese Auflistung ließe sich beliebig weiterführen! Hier haben die Erben / Nachlassverwalter definitiv versagt! Ich bin sehr gespannt wann diese Stücke wieder auf dem Markt erscheinen werden.
Zum Thema 'Auktionshaus' beschäftigten mich auch andere Erkenntnisse. Auf der Frankfurter Auktion fiel mir der Auktionator eines anderen Auktionshauses auf. Zu meiner größten Verwunderung bot er bei nahezu allen Konvolut-Lots mit und konnte so mit Sicherheit mehr als 70 Uhren (und 12 Uhrenschlüssel) ersteigern. Damit gehörte er wohl zu den besten Kunden des Frankfurter Auktionshauses. Neben ihm saß noch ein Mitarbeiter eines anderen Auktionshauses, der auch rege mitbot. Das war mir neu. Ich weiß, daß Händler mitbieten, aber, dass Auktionshäuser ihre Ware auf anderen Auktionen ersteigern und bei dem Verkauf dort dann doppelt kassieren (ggfs. durch den höheren Hammerpreis plus dem Auktionsaufschlag) fand ich sonderbar ("ich bin wohl naiv"). Die Quintessenz hier lautet also, daß man Konvolute in spezielle, kleinere Auktionshäuser geben sollte, um dort im Einzelverkauf bessere Ergebnisse erzielen zu können.
Die beste Nachricht des Auktionsjahres aber war für mich die Information, daß wir Sammler dieses Jahr zum letzten Mal 'gezwungen' wurden im (für mich) schlechtesten Hotel Deutschlands in einer kalten Atmosphäre, auf sehr unbequemen Stühlen, unsere Stunden verbringen zu müssen und danach Parkgebühren zu bezahlen, die einer monatlichen Garagenmiete gleichkommt (mit erheblich mehr Platz in der Garage). Ab 2020 finden die realen Auktionen nun in einem neuen Hotel am Rhein gelegen, in Mannheim statt. Für Bahnfahrer ist Mannheim besser zu erreichen als der Frankfurter Flughafen und für die wenigen Fluggäste der Auktion wäre es für das Auktionshaus preiswerter, diese Reisenden mit einem Shuttle-Service an-chauffieren zu lassen. Wir sind sehr gespannt auf diese neue Lokation und welchen Benfit wir als Vorort-Bieter erwarten können.
So...wie waren denn nun diese beiden Auktionen am Freitag und Samstag? Aus 'Glashütter'-Sicht...befriedigend bis gut...aus allgemeiner Uhren-Sicht..'mies'.
Viele der Uhren der Jubiläumsauktion konnten nicht versteigert werden (die genaue Anzahl konnte ich nicht mitverfolgen, da die Internet Verbindung unerwartet schlecht war). Nach der hervorragenden Internet Qualität der Genfer Auktion hatte ich darauf verzichtet, den Freitagabend in Frankfurt zu verbringen und blieb zuhause. Unter diesen Voraussetzungen würde ich potenziellen Mitbietern aber abraten, sich auf das Internet zu verlassen!
An beiden Auktionstagen standen insgesamt 111 Uhren (Armband- und Taschenuhren) aus Glashütte zur Versteigerung. Davon konnten 30 Uhren ihren Besitzer nicht wechseln (mit einem erwarteten unteren Limit-Ergebnis von 1.044 Mio Euro). Die zugeschlagenen Lots ergaben einen Hammerpreis von insgesamt 1.515 Mio Euro. An diesen Zahlen kann man schon erkennen, daß es Probleme bei den hochpreisigen Uhren gab. Genauer betrachtet, waren es die teuren, neuen Armbanduhren die nicht so gut liefen. Allein vier neue Armbanduhren von A. Lange & Söhne sollten schon 810.000 Euro bringen und wurden nicht verkauft. Ansonsten sorgten eher nur die Glashütter Uhren für einen positiven Abschluss der Auktionen. Zwei besondere Ergebnisse für mich waren die Lange 1 (Lot Nr 35), die mit einem unteren Limit von 100.000 Euro angeboten wurde und dann 175.000 Euro erbrachte und die herausragende Großmann Uhr (Lot 69), die für 105.000 Euro zugeschlagen wurde.
Rolex, Patek Philippe und historische Uhren blieben oftmals weit hinter den Erwartungen zurück. Als Nicht-Fachmann für Rolex und Co. kann ich nicht sagen, ob die Preisvorstellungen einfach nur illusorisch waren oder die Nachfrage eingebrochen ist.
Der größte Gewinner dieser Auktionen war für mich eigentlich nur der Schweizer Staat. Für ca. 18 % der Frankfurter Uhren müssen CH-Steuern vom Käufer entrichtet werden ohne, dass der Schweizer Staat irgendetwas dafür getan hat.
Fazit:
Ich halte es für äußerst wichtig, daß die Sammlerschaft mal reflektiert. Solange sich die Sammler der alten Uhren nicht mit den neuen Uhren auseinandersetzen und diese Uhren nicht in ihren Sammlungen integrieren, werden sich auch die Sammler der neuen Uhren uns gegenüber nicht öffnen und uns nicht akzeptieren. Von den ca. 750 Uhren der Auktionen in Genf und Frankfurt gab es vielleicht einmal gerade 10 neuere Uhren, die von uns etwas Toleranz oder Neugierde gefordert hätten. Wenn dieses Interesse steigen würde und mehr dieser Uhren bei 'uns' auftauchten, würden wir auch das Interesse der neuen Sammler bekommen, die dann auch mal die Taschen- oder Vintageuhren betrachten und vielleicht auch wertschätzen könnten. Die Verlierer dieser derzeitigen strikten Trennung sind eher die alten als die neuen Sammler (und die Auktionshäuser, die sich nicht öffnen).
Gerade wir Uhrensammler sollten doch mit der Zeit gehen!
Bis zum nächsten Jahr (aus Mannheim)
Mai 2019:
Nachdem ich die letzte Auktion im November 2018 verpasst hatte, schaffte ich es dieses Mal wieder nach Frankfurt in’s Flughafen Hotel zu kommen. Ich war überrascht, daß der Bietersaal nicht so stark wie sonst gefüllt war. Eine ganze Anzahl von bekannten Gesichtern fehlte. Auf der anderen Seite konnte ich nach meiner Erfahrung mit der Online-Auktion im November es auch ein bisschen nachvollziehen, daß man das Ganze auch bequem von zuhause aus beobachten und auch mitagieren kann. Das Online-Portal, das im November noch für die Veranstaltung zuständig war, war nicht übertrieben user-friendly aber mit etwas Konzentration kam man gut mit.
Was die Uhren aus Glashütte auf dieser Auktion anging war ich etwas skeptisch und auch nervös. Nach langer Zeit wurden mal wieder ein paar hochwertige Stücke angeboten, deren Ausrufpreis marktgerecht erschienen. Um so erstaunter und erfreuter waren wir dann, als diese Uhren selbst den oberen Limitpreis deutlich überschritten. Das kann man für andere Uhrenmarken an dem Tag wirklich nicht sagen. Das Hauptaugenmerk lag natürlich auf dem sehr schönen Ankerchronometer von A. Lange & Söhne mit Professor Graff Gehäuse. Auch ohne originalen Kasten und leichten Schäden in der Gehäusedekoration schoss der Preis schnell von 25.000 Euro auf 55.000 Euro (mit Aufgeld 68.200 €). Die sehr gut erhaltene Doppel-Komplikation als Halbsavonnette von 1912 wurde dann auch nach einem Bietergefecht für 20.000 € über dem oberen Limit für 65.000 € zugeschlagen (Bruttopreis 80.600 €). Zwei Uhren konnten nicht versteigert werden, sechs Uhren unter dem Limitpreis, sieben Uhren über dem oberen Limitpreis und 23 Uhren waren im Limitbereich.
Bei den Sammlern machte das ‚Gerücht‘ die Runde, daß bei Sotheby‘s in naher Zukunft zumindest Teile der Eriwan-Haub-Uhrensammlung verauktioniert werden. Wenn man sich daran erinnert wie häufig Eriwan Haub oder sein Uhrenexperte auf den Auktionen wirkliche Raritäten ersteigerten, darf man mehr als gespannt sein, was für die Auktion aus den Tresoren zum Vorschein kommen wird. Meines Erachtens ist es ein Glücksgriff, daß ein Auktionshaus wie Sotheby’s hierfür beauftragt wurde. Dieses schafft auch außerhalb der jetzigen Uhrenbegeisterten eine ‚Awareness‘ und kann so für neue Sammler sorgen. Wenn diese Auktion ein Erfolg wird, wird es der Szene mit Sicherheit einen Aufschwung geben. Wir sind also sehr gespannt!
Hier nun die Ergebnisse
Nachfolgend, finden Sie unten die Ergebnisse (notiert während der Auktion...ohne Gewähr) ohne jegliche Aufgelder:
Lot 1: 1.700 €; Lot 2: 2.200 €; Lot 3: 1.800 €; Lot 4: 14.000 €; Lot 5: 2.200 €; Lot 6: 1.400 €; Lot 7: 1.000 € ; Lot 8: 6.000 € (u.V.); Lot 9: 3.800 €; Lot 10: 5.100 €; Lot 11: 4.500 €; Lot 12: 3.900 €; Lot 13: 11.000 €; Lot 14: 55.000 €; Lot 15: 5.000 €; Lot 16: 3.700 €; Lot 17: 3.300; Lot 18: 9.500 €; Lot 19: 65.000 €; Lot 20: 4.000 €; Lot 21: 5.500 €; Lot 22: 4.000 € (u.V.); Lot 23: 7.000 € (u.V.); Lot 24: 1.500 €; Lot 25: 3.100 €; Lot 26: 1.600 €; Lot 27: 3.200 €; Lot 28: 4.800 €; Lot 29: 36.000 €; Lot 30: 10.600 €; Lot 31: 5 550 €; Lot 32: 10.500 €; Lot 33: 7.500 €; Lot 34: 20.000 €; Lot 35: 0 €; Lot 36: 10.000 €; Lot 37: 24.000 €; Lot 38: 70.000 € (u.V.).